Jedes Haus in Deutschland ist mindestens gegen Brand versichert. Dieser Sachverhalt resultiert noch aus der Zeit, als es eine Brandversicherungspflicht gab. Häuser, die nach dem Aufweichen des Brandversicherungsmonopols erstellt wurden, sind ebenfalls versichert. War es nicht der gesunde Menschenverstand des Bauherrn, der zum Abschluss einer Police führte, wollte spätestens die finanzierende Bank eine Brandversicherungsurkunde sehen. Der Versicherungsschutz für ältere Gebäude weist jedoch ein massives Problem für die Hausbesitzer auf: Die Unterversicherung.
Stellen wir uns vor, ein Wohngebäude sollte Mitte der achtziger Jahre versichert werden. Es kam der Mann von der Versicherung, schätzte den Wert des Hauses und erstellte den Versicherungsschein auf der Basis des Wertes von 1914 – ein Wert, den noch nicht einmal jeder Versicherungsvertreter erklären konnte.
Der 1914er Wert besagt, was die Erstellung des Hauses im Jahr 1914 gekostet hätte. Dieser Wert wird dann mit dem Baupreisindex, im Jahr 2017 betrug dieser 1.358,80, multipliziert. Lag die Versicherungssumme für das zu versichernde Haus im Jahr 1914 bei 15.000 Mark, ergab dies einen Gegenwert von 271.760.
Es bleibt allerdings die Frage, ob das Objekt tatsächlich nach einem Totalschaden wieder zu diesem Preis errichtet werden kann. Die Festlegung des Wertes war seinerzeit eher Glücksspiel, als eine fundierte Kalkulation. Eine spätere Neukalkulation, um eine Unterversicherung zu vermeiden, kam häufig nicht infrage.
Diese älteren Verträge sahen in der Regel keinen Unterversicherungsverzicht vor. Kostet der Wiederaufbau des Objektes mehr, als gemäß Vertrag versichert ist, trotz Neuwertklausel, bleibt die Differenz beim Eigentümer. Erst mit Einführung des Wertermittlungsbogens in den 80er Jahren wurde auch der Unterversicherungsverzicht vertraglich festgehalten. Bis allerdings jeder Versicherer auf diese neue Systematik umgestiegen war, dauerte es eine Weile.
Ein Prämienanstieg und damit die Kündigung des Vertrages zugunsten eines preiswerteren Anbieters wollte der Vertreter natürlich vermeiden. Selbst die Stiftung Warentest stellt immer noch Verträge zum „gleitenden Neuwert“ in den Vordergrund.
Seit einigen Jahren sind die Versicherer von den früheren Wertermittlungen abgekommen und bieten freundlicherweise, analog der Hausratversicherung, eine Wertermittlung auf der Basis einer Wohnflächenberechnung an. Diese wird um die Beschaffenheit des Objektes, einfache oder gehobene Ausstattung, Material der Dachbedeckung und ähnliches ergänzt. Damit kommt die Versicherungssumme dem tatsächlichen Wert deutlich näher bis deckungsgleich. Beispiele für Gebäudeversicherer, die fast ausschließlich in Ihren Tarifen mit dem einfachen Wohnflächenmodell rechnen sind: Domcura, Direkt Assekuranz, Interrisk oder die Oberösterreichische Wohngebäudeversicherung.
Wer gerne Kerzen anzündet, sei es nur zur Weihnachtszeit oder auch einfach mal so, sollte vorher durchaus einmal einen Blick in den Versicherungsschein seiner Wohngebäudeversicherung werfen. Hat er die Police zusammen mit dem Haus von den Eltern geerbt oder vom Vorbesitzer übernommen, kann er mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er im Schadensfall keine vollständige Erstattung erhalten wird.